Gott ist tot: Nächte ohne Schlaf
Marcel Winatschek
Ich schlafe seit ein paar Nächten nicht mehr. Nicht dass ich es nicht könnte oder es nicht gar wollen würde - ich mache es einfach nicht. Stattdessen fliegt die unendlich zu sein scheinende Zeit der Dunkelheit nur so an mir vorbei, ebnet meiner Selbst den Weg in ein Reich vollkommener Pseudorealitäten und lässt mich für ein paar Stunden in eine Parallelwelt eintauchen, die sich wie ein negativer Schatten auf all das legt, was wir zu kennen, zu verstehen und zu lieben…

Gott ist totNächte ohne Schlaf
Ich schlafe seit ein paar Nächten nicht mehr. Nicht dass ich es nicht könnte oder es nicht gar wollen würde - ich mache es einfach nicht. Stattdessen fliegt die unendlich zu sein scheinende Zeit der Dunkelheit nur so an mir vorbei, ebnet meiner Selbst den Weg in ein Reich vollkommener Pseudorealitäten und lässt mich für ein paar Stunden in eine Parallelwelt eintauchen, die sich wie ein negativer Schatten auf all das legt, was wir zu kennen, zu verstehen und zu lieben scheinen.
Es ist wie ein von Gott übersehener Fehler, ein Schlupfloch in der vermeintlichen Wahrheit, ein Platz, der nicht dazu bestimmt war entdeckt zu werden. Und schon gar nicht von mir. So sitze ich nun an diesem verlassenen Fleckchen Erde, warte auf das was da wohl kommen mag und freue mich über jeden Augenblick an diesem unwirklichen Ort, den ich allein erleben darf und sonst niemand.
Meine Beine so in der von Licht schon längst verlassenen Materie baumelnd, hüpfen mir allerhand kleine und große, erfreuliche und grausame, lebendige und tote Gedanken durch den Kopf. Über das alles hier. Dich und mich. Sie scheinen sich mit den unterdrückten Träumen zu vermischen, die aufgrund meiner persönlichen Insomnie nicht an die Oberfläche dringen können. Sie jaulen, sie stoßen, sie drücken hinaus - aber ich gebe ihnen keine Chance.
Also philosophiere ich über den Sinn des Lebens und stelle mir das Leben als Tag in einem bunten Vergnügungspark vor, der nur dazu einlädt alles auszuprobieren, was die verrinnende Zeit gerade so zulässt. Lächle bei den vorbeiziehenden Bildern der Mädchen, der Liebe und der körperlichen Übereinkünfte. Und stürze in ein schwarzes Loch der Zukunft, voller Unwissenheit, Gefahren und Chancen. Für mich allein und alle anderen drumherum.
Wann ich wieder einschlafen werde, das weiß ich selbst noch nicht so genau. Kein Klang erhellt den Raum, keine Stimme führt mich zurück. Während sich die Menschheit müde ihren Feinden stellt, harre ich tapfer auf meinem von Seelen und Gefühlen verlassenen Feld auf und warte darauf, dass jemandem auffällt, dass ich hier bin. Atme, schaue, erwarte. Und womöglich muss ich mich erst mit der ewigen Wahrheit abfinden, dass mich dort, wo ich glaube zu sein, niemals jemand finden wird. Nicht einmal Gott persönlich.
Dienstag, der 5. April 2016
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