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Marcel WinatschekPhilosophische Texte über Gestaltung, Informatik und digitale Populärkultur
Yami Kawaii: Supersüßer Selbstmord
© June Crees und Arte

Yami KawaiiSupersüßer Selbstmord

Der Freitod hat in Japan eine lange Tradition, die über die Grenzen des Landes hinaus bekannt sind. Geschichten von Gruppenselbstmorden unter Schülern sind keine Seltenheit. Manchmal schließen sich Freunde oder Leidensgenossen zusammen und springen gemeinsam vom Dach einer Bildungseinrichtung oder direkt vor einen Zug.

Gerade am Tag vor dem Schulanfang ist es am schlimmsten. Junge Menschen, die in der strikt getakteten Gesellschaft keinen Platz finden, sich verloren fühlen, keinen anderen Ausweg sehen, als das eigene Dasein hier und jetzt zu beenden.

Doch sich selbst zu verletzen oder gar das eigene Leben zu nehmen, diese Vorstellung erfüllt so manchen nicht nur mit Grauen. Der Freitod wird in Japan geradezu romantisiert, besonders unter Jugendlichen in den Stadtbezirken großer Metropolen und dank des Internets.

Hier ist der eigene Tod nicht schwarz, sondern bunt. Rosa, mit Glitzer und Lichtern. Wer in die Tiefen des Yami Kawaii eintaucht, der findet sich in einer bittersüßen Parallelwelt wieder, deren Einwohner den eigenen ewigen Schmerz in etwas verwandelt haben, dem Außenstehende mit Unverständnis entgegenstehen: Etwas Wunderbares.

Yami Kawaii, das ist der neueste Trend in den Kinderzimmern und Apartments der japanischen Großstädte. Zutiefst deprimierte Menschen finden dank Blogs, YouTube und Line zusammen und verwandeln ihre Krankheit in einen Modetrend.

Hier bekommen Animecharaktere Superkräfte, wenn sie sich die Pulsadern aufschlitzen. Hier ist schön, wer die frisch aufgeritzten Arme und Beine mit süßen Hello-Kitty-Pflastern bedeckt. Hier regieren Lolitas, die den Tod bereits kennengelernt haben und sich mit ihm geeinigt haben. Arte Tracks hat sich in der makaberen Welt von Yami Kawaii einmal genauer umgesehen und mit Anhängern dieser Aufsehen erregenden Modeerscheinung gesprochen.

Yami Kawaii: Supersüßer Selbstmord© June Crees und Arte

Samstag, der 21. November 2015

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